Beschwerden im unteren Rücken – nicht nur lokal behandeln!

Wer kennt es nicht selbst oder von seinen Klienten: Ziehende dumpfe lokal begrenzte Beschwerden im unteren Rücken im Bereich der Lendenwirbelsäule, manchmal auch leicht ausstrahlend in den Rumpf hinein, wie ein „Gürtel“, aber keine ausstrahlenden Beschwerden in die Beine.

 

Häufig klagen Klienten aller Altersbereiche über diese Probleme. Zum Teil haben sie diese schon seit längerer Zeit (1 - 5 Jahren) und haben schon verschiedenste Therapien ausprobiert, oft leider ohne oder nur mit kurzzeitigem Erfolg.

 

Grundsätzlich ist es bei derartigen Problemen notwendig, im Vorfeld abzuklären, ob eventuelle Bandscheibenprobleme schulmedizinisch ausgeschlossen wurden. Erst dann sollte eine Behandlung erfolgen.

Der Psoas-Muskel – immer wieder unterschätzt

Es erstaunt mich, dass der Psoas und Ileacus-Muskel in den meisten Therapieformen nicht behandelt wird, obwohl er die Ursache vieler Beschwerden im unteren Rücken ist. In der Regel kann man mit nur einer Behandlung diese Beschwerden sofort deutlich mildern.

 

Der große Psoas-Muskel ist seitlich an den unteren Wirbelkörpern befestigt. Er zieht sich durch den unteren Bauchraum über den Beckenkamm bis zur Innenseite des Oberschenkelknochens, wo er fixiert ist. Der Ileacus-Muskel entspringt den inneren Beckenkämmen und vereint sich am Oberschenkelknochen mit dem Psoas.

 

Diese beiden Muskeln sind zuständig für Bewegungen wie Gehen, sich aus der Hocke Aufrichten, Ausbalancieren und das Bein aus der Hüfte heraus Anheben und seitlich Abwinkeln.

Einseitige Belastung

Durch zu langes Sitzen, z.B. im Büro, einseitige Belastungen der Beine und Füße, z.B. beim Autofahren, eine falsch ausgerichtete Körperstatik (Fehlhaltungen beim Gehen, Stehen oder im Sport,), aber auch durch Stress und innere Anspannung kommt es häufig zu einer einseitigen Belastung des Psoas-Muskels.

 

Um dem einseitig angespannten Psoas-Muskel entgegenzuwirken, spannt sich die untere Rückenstrecker-Muskulatur an. Dabei „verklebt und verfilzt“ langfristig die thoracolumbare Faszie, und die Beschwerden sind oft jahrelang vorhanden. Die Betroffenen sind meist verzweifelt und viele greifen langfristig auf Schmerzmittel zurück.

Schwierige Diagnose

Durch die üblichen diagnostischen Verfahren wie Röntgen, CT oder MRT können Psoas-Probleme nicht sichtbar gemacht werden, deshalb werden sie meist nicht diagnostiziert. Dies ist nur über die Berührung möglich. Ein angespannter Psoas-Muskel ist deutlich spürbar. Wie man diesen „versteckten“ Muskel am besten erreicht und behandelt, ist Teil der Shifayo-Ausbildung. Auch verklebtes Fasziengewebe im unteren Rücken (thoracolumbare Faszie) ist mit der entsprechenden Ausbildung und Erfahrung eindeutig zu erkennen.

Den Psoas-Muskel mit Shiatsu-Techniken behandeln

Bei Problemen im unteren Rücken solltest du also zunächst den Psoas überprüfen und ggf. behandeln.

 

Setze dich neben den Klienten wie zur Haradiagnose. Rutsche nun etwas nach unten und schiebe dein rechtes Bein unter das rechte Bein des Klienten. Das Bein des Klienten liegt nun angewinkelt auf deinem Bein, du sitzt im leicht gegrätschten Fersensitz.

 

Der Behandlungsbereich entspricht ziemlich genau der Dickdarm-Diagnosezone. Mit leicht aufgestellten Fingern lässt du dich nun neben dem Beckenkamm ins Hara und den Psoas-Muskel sinken. Der Darm schiebt sich zur Seite leicht weg. Du kannst den Muskel nun gut spüren, da er groß und fest ist. Er liegt im unteren Becken neben dem Schambein und zieht über den Beckenkamm.

 

Das langsame aus unserem Hara ausgerichtete Sinken, ist hier ideal. Lass dir dabei Zeit und sei dabei sehr achtsam. Es kann sein, dass der Klient dies als schmerzhaft empfindet, dann nimm den Druck auf den Psoas-Muskel zurück. Nach und nach lässt die Spannung im Muskel nach, was deutlich zu spüren ist. Oft geben hier auch die Klienten schon eine Rückmeldung. Manche berichten schon während der Behandlung, dass sich die Anspannung im Rücken deutlich mildert.

 

Im Shiatsu wird der Psoas-Muskel durch eine rotierende Bewegung des angewinkelten Beins in der Rückenlage passiv gedehnt. Dies hat sich in meiner Praxis als wenig effizient herausgestellt, ist aber nach der gezielten Psoas-Behandlung eine schöne und für den Klienten angenehme Ergänzung.

 

Für die Behandlung des Ileacus- Muskels und des Psoas-Muskel Ansatzes am Oberschenkel bedarf es der genauen Anleitung und Übung im Unterricht.

Dehnungsübungen ergänzen die Behandlung

Eine ideale Übung ist die „Longe Asana“ aus dem Yoga. Eine gute Anleitung findest du hier.

 

Achtung: Die Übungen solltest du nie vor der ersten Behandlung zeigen, immer nur danach oder in der nächsten Sitzung, da die Diagnose durch die Vordehnung erschwert wird.

 

Nach der Behandlung sollte der Klienten keine schwere körperlich Tätigkeit ausüben oder sportlich aktiv sein, damit der Muskel zur Ruhe kommt und sich nicht wieder anspannt. Sobald sich die Statik „sortiert“ hat, bleiben die Psoas-Muskeln im Gleichgewicht, d.h. am nächsten Tag kann der Klienten sich wieder ganz normal verhalten.

 

Wie du am sinnvollsten nach der Psoas-Behandlung die untere Rückenfaszie behandelst erfährst du im nächsten Artikel.